Wir von Potsdam-Konvoi sind vor einigen Wochen aus dem griechisch-mazedonischen Grenzgebiet zurückgekehrt. In den inoffiziellen Camps sowie in einigen Militärlagern haben wir die Flüchtenden vor Ort mit Nahrung, Kleidung und medizinischer Versorgung unterstützt. Die unwürdigen Lebensbedingungen haben uns sehr betroffen gemacht. Es handelt sich bei den offiziellen Lagern, in die die Frauen, Männer und Kinder verbracht worden sind, größtenteils um total überfüllte, vom Militär geführte bloße Verwahranstalten fern der Öffentlichkeit.
Es fehlt dort an allen Ecken und Enden, es gibt zu wenig Wasser und Nahrung, die Lager sind verdreckt, die Hallendecken oft undicht… Auch an der medizinischen Grundversorgung mangelt es: bloße Notfallversorgung ist angesagt. An eine Behandlung von Ängsten und Traumata ist gar nicht zu denken, diese werden durch die Ausweglosigkeit eher noch verstärkt. Das Gefühl während des trostlosen Wartens wertlos und vergessen zu sein ist in den Lagern greifbar. Schon während eines Aufenthaltes im SOFTEX-Lager im Industriegebiet von Thessaloniki, kam uns der Satz eines syrischen Familienvaters zu Ohren „Wo wir herkamen wären wir schnell gestorben, hier sterben wir langsam.“ Seit dem 2. August sind Menschen nicht nur in dieser Unterkunft im Hungerstreik.
Besonders schwierig ist die Situation für Schwangere, Mütter und Babys. Von ihnen leben überdurchschnittlich viele in den Camps, vermutlich weil sie die Beschwernisse der Weiterflucht nicht auf sich nehmen können. Hier herrschen unzureichende hygienische Bedingungen, es gibt nur kaltes Wasser, Staub, Mücken, keine frische Kleidung, kaum Privatsphäre und Ruhe sowie zu wenige und verschmutzte Sanitäranlagen. Beispielsweise gibt es im Camp in Cherso nahe Polykastro lediglich 8 Dixi-Toiletten auf 2200 Bewohner*innen. In diesen Wochen und Monaten kommt tagsüber eine unerträgliche Hitze dazu, aber nachts kann es kalt werden.
57.113 Geflüchtete stecken laut offiziellen UNHCR-Daten in Griechenland fest (Stand 12. Juni 2016). Seit der Schließung der Grenzen können sie nicht weiter oder begeben sich mithilfe von Schleuser*innen in die Illegalität. Zurück nach Hause können sie auch nicht, was aber leider immer mehr verzweifelte Schutzsuchende angesichts der Lage erwägen. Diese Menschen sind sehr oft die Angehörigen von denen, die es aufgrund günstigerer Bedingungen hierhin geschafft und zum Teil bereits einen Aufenthaltsstatus in Deutschland haben. Es sind Brüder und Schwestern, Eltern, Ehefrauen und Ehemänner von denen, die noch im September vergangenen Jahres an den Bahnhöfen begrüßt und von zahlreichen spontan entstandenen «Willkommens-Initiativen» in Empfang genommen wurden. Hört unser Engagement wirklich mit der Schließung der Grenzen auf?